Ausgebrannt, müde und unproduktiv. So fühlte ich mich noch vor ein paar Wochen. Die letzten Monate des 12/7 Rhythmus mussten irgendwann ja einmal seinen Tribut fordern. Die Lösung für mein Dilemma schien sonnenklar, als mir eine Freundin von ihrer Ayurveda Kur in Indien erzählte. „Das muss ich machen“, dachte ich mir und schon am nächsten Tag war die Anfrage draußen. Das Universum meinte wohl auch, dass das eine gute Idee war, denn es gab ein Storno in dem sonst immer ausgebuchten Nattika Beach Resort. Glück für mich. Minuten später war die Buchung durch.

Ayurveda India

Mein letzter Urlaub war schon viele Jahre her und ich meine mit Urlaub nicht Reisen, sondern Urlaub machen – am Strand liegen und lesen, nichts tun, abschalten und Sonnenuntergänge bewundern. Meine Reisen sind in der Regel alles andere als entspannt, denn meistens bin ich auf einer oder mehreren Missionen und habe keine oder kaum Zeit für faule Strandtage. Meine Freundin erzählte vom großen Garten, von den täglichen Massagen, vom guten Essen und schon war ich auf den Ayurveda Zug aufgesprungen, ohne zu wissen, was genau Ayurveda denn ist.

Ayurveda heißt wörtlich übersetzt Lebensweisheit. Die traditionelle indische Heilkunst wird in Indien wissenschaftlich gelehrt und als Heilmethode akzeptiert. 

Was bedeuten die Ayurveda Typen?

Vata, Pitta und Kapha sind sogenannte Doshas – Lebenskräfte, über die jeder Mensch in unterschiedlicher Kombination verfügt. In der ayurvedischen Medizin basiert alles auf diesen drei Typen. 

Das Dosha Vata  enthält die Eigenschaften der Elemente Äther und Luft und ist für sämtliche Bewegungsabläufe in unserem Körper zuständig, also unsere Muskeln und Glieder, die inneren Organe und unser Nervensystem. Vata unterliegt dem Grundprinzip der Veränderung.

Vata-Typen sind enthusiastisch und kreativ, sind Blitzgneißer (wienerischer Ausdruck für Schnellchecker) und offen für Neues. Sie bewegen sich gerne, sind aktiv und wenn sie ausgeglichen sind, sind sie äußerst freundliche Kreaturen. Damit kann ich gut leben.

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Pitta enthält die Eigenschaften der Elemente Feuer und Wasser und regelt den Stoffwechselprozess, die Verdauung und alle biochemischen Abläufe unseres Körpers. Das Grundprinzip von Pitta ist Umwandlung.

Bist du ein Pitta Typ? Dann bist du strukturiert, kannst dich sehr gut konzentrieren und eignest dich als Lehrer, weil du einen roten Faden in deine Konzepte bringst. Außerdem treibst du gerne Sport und hast nichts dagegen, dein Können auch einmal im Vergleich mit anderen zu messen. 

Kapha besteht aus den Eigenschaften Wasser und Erde. Es ist zuständig für die körperliche und geistige Stärke des Körpers, reguliert unsere Körperflüssigkeiten und stabilisiert unser Immunsystem. Wenn du ein Kapha Typ bist, gehörst du zu den liebenswerten Menschen, die nichts aus der Ruhe bringt und dazu auch noch geduldig sind. Der Kapha Typ hat ein gutes Gedächtnis, sein Leben eine Regelmäßigkeit und doch neigt er dazu, sich wenig zu bewegen und tüchtig zu essen. 

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Der Kräutergarten im Resort

Was nützt es mir, den Ayurveda Typ zu kennen?

Für alle, die praktisch veranlagt sind, so wie ich, mag es zwar schön sein, seinen Ayurveda Typen zu kennen, aber was mache ich mit dieser Information in der Praxis?

Das Dosha sagt mir, was ich essen soll und worauf ich lieber verzichten sollte. Als überwiegender Vata Typ soll ich warme Mahlzeiten und zwar regelmäßig zu mir nehmen. Kein Wunder, dass mein Stoffwechsel komplett durcheinander ist – regelmäßig gibt es bei mir gar nicht (Außer, wenn ich bei meinen Eltern zu Besuch bin. Da heißt es regelmäßig und viel) und warme Mahlzeiten stehen auch nicht an der Tagesordnung. Ich sollte gekochtes Gemüse essen und auf rohes verzichten. Tomaten darf ich nur in geringen Mengen zu mir nehmen. Super…mein Sommer-Alltagsgericht Tomaten mit Mozzarella hat wohl ausgedient. Wer hat eine schnelle Alternative für mich?

Zum Obst gilt es noch zu sagen, dass Früchte generell mindestens eine Stunde vor oder nach den Mahlzeiten gegessen werden und am Abend gänzlich drauf verzichtet werden sollte. Das gleiche gilt auch für Fruchtsäfte. 

Wie läuft die Ayurveda Kur ab?

Kurz nach meiner Ankunft in Nattika im Südwesten Indiens erwartete mich schon meine behandelnde Ärztin zum Erstgespräch. Sie ging mit mir meine komplette Anamnese durch, aufgrund der sie anschließend meinen Ayurveda Typ bestimmte. Ich war ein Vata-Pitta-Typ, meine Problemchen betreffen aber das Vata Dosha. 

Beim Therapieplan wird nichts dem Zufall überlassen. Nachdem der Ayurveda Typ und die Diagnose bestimmt sind, bekommst du einen genauen Plan mit allen Behandlungen, der auf die aktuellen Problemchen abgestimmt ist.

Dann heißt es ab in die Ayurveda Uniform, ein angenehmer Baumwollmantel, und täglich zwei Stunden lang entspannen. 

Warmes, ja sogar teilweise heißes Öl spielt eine maßgebende Rolle bei den Behandlungen. Bei der Thirummal Massage wirst du von Kopf bis Fuß von zwei Therapeuten synchron massiert. 4 Hände machen deinen Körper streichelweich und fein. Diese Massage soll dem Alterungsprozess vorbeugen (Yes!) und die Zellen erhalten (sehr gut!).

Die Podikizhi Behandlung fördert den Kreislauf, verbrennt Fett (Nochmal yes, I like!) und löst Blockaden. Zwei Therapeuten (auch hier gilt wieder: genderneutral) ölen dich zuerst ein und klopfen deinen Körper dann mit Puder gefüllten Stoffbeuteln ab, wobei bei jeder Runde die Beutel erneut in heißes Öl getaucht werden.

Die Pouch Behandlung gibt es noch mit Kräutern gefüllten Beuteln, sie heißt Elakizhi und ist besonders bei Muskelbeschwerden und Rückenschmerzen gefragt.

Bei Naranga Kizhi wirst du mit Zitrone befüllten, in Öl getauchten Pouches massiert, wobei die Temperatur der Pouches auf deinen Behandlungsplan angepasst wird. Bei dieser Behandlung wird nicht geklopft, sondern gestrichen. Nachher bekam mein leidender unterer Rücken noch eine Massage mit heißem Öl – herrlich.

Beim Siro Dhara, oder besser bekannt unter dem Öl-Stirnguss, wird warmes Öl kontinuierlich auf die Stirn, genauer gesagt auf das Stirn Chakra) gegossen. Der Stirnguss hat eine sehr beruhigende Wirkung und wird bei chronischen Kopfschmerzen, Erschöpfungszuständen, Schlafstörungen, Depressionen oder Spannungszuständen angewendet. 

Vor jeder Anwendung hast du ein kurzes Gespräch mit dem Arzt, in dem die Therapiefortschritte und das Wohlbefinden besprechen werden.

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Gut zu wissen:

Scheu vor Nacktheit hat bei einer Ayurveda Kur nichts verloren. Du wirst von zwei TherapeutInnen von Kopf bis Fuss über die Brust und deinen Popo behandelt.

Frauen werden von Frauen, Männer von Männern behandelt. Ohne Ausnahmen.

Je mehr du dich an die Vorgaben des Arztes unter anderem auch was Essen betrifft hältst, desto bessere Fortschritte machst du

Die beste Zeit für eine Ayurveda Kur ist übrigens zwischen Juni und August während dem Monsun. Die Feuchtigkeit öffnet die Poren und dadurch werden die medizinischen Inhaltsstoffe aus dem Öl noch besser aufgenommen. 

Das „richtige“ Ayurveda kommt aus Indien, auch wenn du in Sri Lanka ebenso Angebote findest.

Vor jeder Behandlung legt die Therapeutin ihren Daumen auf deine Stirn und singt ein Mantra. Dabei bittet sie um Energie für die Behandlung. 

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Das Nattika Beach Resort

Das Resort liegt im indischen Bundesstaat Kerala, im Südwesten des Landes, direkt am Palmenstrand. Vom Flughafen Kochi sind es maximal 2 Fahrstunden und das Hotel bietet einen bequemen kostenlosen Shuttleservice vom und zum Flughafen. 

Das Resort hat einen riesigen Garten der beinahe unentwegt gepflegt und gehegt wird. In einer Hängematte lässt es sich wunderbar ein paar Stunden aushalten und am Strand oder am Pool kannst du dein Mittagsschläfchen halten. Du wohnst in einer von 52 traditionellen Elementen Keralas ausgestatteten Villen mit eigener Veranda. Die Zimmer sind mit Klimaanlage, Safe und sogar mit einem Fernseher ausgestattet. Im Bad findest du Shampoo, Duschgel, Seifen und Body Lotion zu deiner Verwendung. Meinen Sauberkeitstest hat das Zimmer voll und ganz bestanden. 

Nattika Beach Resort
Nattika Beach Resort
Nattika Beach Joshi

Im Nattika wird Essen nach ayurvedischer Zubereitung serviert – was sonst. Vegetarisch versteht sich. Ich bin eine kleine Fleischratte und hatte echt keine Ahnung, wie viele verschiedene und vor allem saugute vegetarische Gerichte es gibt. Ein Hoch auf Küchenchef Joshi und sein Team. Alkohol suchst du im Resort übrigens vergebens, genauso musst du auf das nachmittägliche Kuchenbuffet verzichten. Dafür bekommst du verschiedene Kräuterwasser, Tees, gesundes Essen und frische Früchte vom eigenen Garten. 

Ganz besonders hervorheben möchte ich die Freundlichkeit und Aufmerksamkeit aller Mitarbeiter des Nattika Beach Resorts. Ob an der Rezeption, im Ayurveda Center oder im Restaurant – sie alle geben jedem Gast das Gefühl, ein besonderer Gast zu sein und sind um das Wohl jedes Gastes extrem bemüht. Die Frauen, die im Garten arbeiten, werfen dir im Vorbeigehen ein freundliches Namaste zu, das Zimmermädchen fragt, ob du mit der Sauberkeit zufrieden bist und auch der vermeintlich so ernst schauende Räuchermann, der jeden Abend die Moskitos mit seinem Weihrauchschwenker vertreibt, hat einen freundlichen Gruß parat.  

Nattika Beach Resort

Harmonie für Körper und Geist findest du in den täglichen Meditations- und Yogastunden. Während meines Aufenthaltes war der indische Yoga Guru Abhiram Chaithanya zu Gast und führte die Gäste in seine Yoga Welt ein. Die sympathische Jiji zeigte mir in einer Privatstunde viele Übungen für meine Problemzone, dem unteren Rücken. Sie war so lieb und hat mir alle Übungen in 5 Seiten zusammengeschrieben. Ich werde das zuhause umsetzen, jawohl!

Nattika Beach Yoga

Das Resort produziert das Ayurveda Öl übriges selbst. Auf einer Fläche von 140m2 werden 22 verschiedene medizinische Öle mit einem monatlichen Output von ca. 1000 Litern hergestellt. Die heilenden „Zutaten“ werden manuell verarbeitet und dem Basisöl, Sesam- oder Kokos, beigemengt. In einem riesigen Bottich köchelt das Öl ungefähr drei Tage lang vor sich hin, bis es gesiebt und abgefüllt wird. Gleich neben der Ölproduktion befindet sich ein riesiger Obst- und Gemüsegarten, in dem laufend geerntet und Neues angepflanzt wird. 

Öle bleiben übrigens auf der Haut, die medizinischen Inhaltsstoffe jedoch werden über die Poren aufgenommen. 45 Minuten dauert diese Aufnahme in der Regel, danach kannst du das Öl abwaschen.

Tipp für zuhause:

Warmes Wasser mit 10 Tropfen Sesamöl abends trinken und einmal die Woche den Körper mit Sesamöl einreiben, 45 Minuten einwirken lassen und nachher warm duschen. 

Ayurveda oil

Die Packliste für deinen Ayurveda Urlaub:

Bei zwei Wochen Ayurveda Urlaub kannst du getrost mit leichtem Gepäck reisen. Hier ist meine Empfehlung, was unbedingt in deinen Koffer sollte:

Das Hotel bietet einen Laundry-Service. Pack also nicht zu viele Klamotten ein. 

Was du getrost zuhause lassen kannst sind Makeup, Schuhe (außer bequeme Sneakers zum Fliegen) und Schmuck (leg alles ab, denn bei den Behandlungen musst du den Schmuck ohnehin abnehmen. Daher am Besten gleich zuhause lassen)

Nicht vergessen: Für Indien brauchst du ein Visum. Der e-Visa Prozess ist der schnellste und unkomplizierteste Weg zu deinem Visum. Schieb es aber nicht auf die lange Bank, sondern erledige es schnellst mögilch. In der Regel dauert es 1-2 Tage bis zur Ausstellung, aber man weiß nie.

Such dir eine Hängematte und höre dem Meeresrauschen zu

Mein Fazit

Noch vor gar nicht allzu langer Zeit hätte ich bei dem Vorschlag, mich für zwei Wochen in ein All-inclusive Resort einzukasernieren, laut gelacht. Mein Körper und Geist allerdings haben geradezu nach Ruhe gerufen und so versuchte ich, im Süden Indiens zur Ruhe zu kommen und meine Stärke wiederzufinden. Ich wurde nicht enttäuscht. Das Nattika Beach Resort hat mir genau das gegeben, was ich gesucht habe: Erholung, gesundes Essen, wohltuende Behandlungen, Yoga und freundliche Menschen um mich. Es ist wie ein kleiner Mikrokosmos, in dem man gerne einmal zwei Wochen verbringt und sich selber etwas Gutes tut. 

Die ersten Tage habe ich ständig geschlafen. Eine Stunde nach dem Aufstehen schlief ich bereits bei der Abschlussmeditation der Yogastunde wieder ein. Ich nickte während der Ayurveda Behandlung am Vormittag ein, dann gleich nach dem Frühstück am Pool und kaum erreichte mein Kopf die Poolliege nach dem Mittagessen, fielen mir schon wieder die Augen zu. Mit jedem Tag wurde ich fitter und plötzlich machte es mir nichts mehr aus wenn der Wecker um 6.00 Uhr morgens für die Yogastunde klingelte. Mein Körper füllte sich mit Energie und alleine das war ein herrliches Gefühl. Nach 12 Tagen ging es mir wieder richtig gut.

Ich empfehle jedem, der seinem müden Körper und Geist etwas Gutes tun will, einmal eine Ayurveda Behandlung im Nattika Beach Resort auszuprobieren. Auch wenn das Hotel einige Ausflüge ins Umland anbietet, so habe ich bewusst darauf verzichtet, um voll und ganz zur Ruhe zu kommen. Auch wenn ich normalerweise auf meinen Reisen Action und Abwechslung brauche, so war mir hier gar nicht danach. Wer also die Angst hat, zwei Wochen im Mikrokosmos eingesperrt zu sein, kann jederzeit verschiedene Touren machen.

Ein Wermutstropfen...

Leider gibt es einen Wermutstropfen, der nicht unmittelbar das Resort betrifft, sondern die Umgebung. Der Strandabschnitt vom Hotel war sauber. Doch wie in sehr vielen asiatischen Ländern ändert sich das schlagartig, wenn man den Hotelstrand verlässt. Der Müll ist schlicht und ergreifend entsetzlich. Umweltbewusstsein? Leider Fehlanzeige. Eine sechsköpfige Familie packt ihr Eis am Strand aus und schwups fliegt das Papier von allen sechs durch die Luft. Es ist einfach das Normalste auf der Welt, den Müll dort fallen zu lassen, wo man sich gerade befindet. 

Warum ich das in meinem Bericht, der nur Positives beschreibt, erwähne? Weil ich meinen kleinen Beitrag leisten möchte, das Bewusstsein für die Umwelt zu schärfen. Weil ich mir wünsche, dass das Nattika Beach Resort im Rahmen ihrer Corporate Social Responsibility Aktivitäten eine Umweltaktion in ihrem Umfeld startet (das Resort hat schon ein paar tolle CSR Projekte). Wenn die Kinder so aufwachsen und es als normal betrachten, ihren Müll einfach fallenzulassen, werden die Strände und Meere weiterhin vergiftet und die Flora und Fauna zerstört. 

Transparenz: Dieser Beitrag wurde weder finanziell noch sonst in irgendeiner Weise unterstützt. Ich habe diese Reise selber finanziert und weil ich mich einfach sauwohl gefühlt habe, war es mir ein Bedürfnis, darüber zu schreiben.
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